Haben sich Währungsabsicherungen in der Vergangenheit gelohnt?

Im Rahmen der finanziellen Führung wird oft gefragt, ob sich das Absichern von Währungsrisiken angesichts des damit verbundenen Aufwands und der jeweils zu zahlenden Zinsdifferenz in der langen Frist tatsächlich lohnt. Im Folgenden gehen wir auf diese Frage ein, indem wir – nach einem Blick auf wesentliche konzeptionelle Zusammenhänge – die Währungspaare USD/CHF und EUR/CHF für den Zeitraum zwischen 2001 und 2020 empirisch analysieren. Das Resultat vorweg: Ob sich die Absicherung lohnt, hängt wesentlich von der Zielsetzung (Motivation) der Absicherung ab.

Die ökonomische Einordnung

Bevor wir uns den empirischen Resultaten widmen, soll analysiert werden, welche Erwartung an zukünftige Wechselkurse aus theoretischer Sicht abgeleitet werden können. Die gängige Wechselkurstheorie geht davon aus, dass sich der Wechselkurs, ausgehend von einem Gleichgewichtskurs (Kaufkraftparität), mit der Zeit im Umfang der Zinsdifferenz zwischen zwei Währungsräumen verändert. Im Fall des CHF führt dies zumeist zu einer Aufwertungserwartung, da die Zinsen und die Inflation in der Schweiz generell niedriger sind als im Ausland.

Bei einer klassischen Währungsabsicherung mittels eines Devisentermingeschäfts (Forward) wird ein bindender Vertrag zwischen zwei Parteien abgeschlossen, indem sich diese verpflichten, einen fixierten Betrag einer Währung zu einem vorbestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu kaufen bzw. zu liefern. Der dazu relevante Wechselkurs als Terminkurs wird bereits bei Vertragsabschluss festgelegt und berechnet sich aus dem aktuellen Kassakurs korrigiert um die Zinsdifferenz zwischen den betroffenen Währungsräumen. Dieser Terminkurs entspricht damit genau einem mit Unsicherheit behafteten zukünftigen Erwartungswert des Wechselkurses.

Das bedeutet letztlich, dass eine Währungsabsicherung verglichen mit einer Nichtabsicherung im Durchschnitt weder zu einem systematisch besseren noch zu einem systematisch schlechteren Wechselkurs führen sollte. Ökonomisch valable Motive für eine Währungsabsicherung sind demnach nicht die Erwartung durchschnittlich besserer Kurse, sondern die Erreichung von Planungssicherheit (Reduktion von Volatilitäten), die Sicherung einer Gewinnmarge oder der Schutz vor Extremereignissen.

Die Empirie

Mit einem empirischen Vergleich der Absicherungskurse mit den effektiv eingetretenen (späteren) Spotkursen beantworten wir somit nicht die Frage, ob sich eine Absicherung im Kern «gelohnt» hat (dazu wäre das Erreichen der oben erwähnten Ziele mit zu berücksichtigen). Vielmehr soll gezeigt werden, welche positiven oder negativen Kurskonsequenzen sich im Vergleich zu einer Nichtabsicherung in der Vergangenheit beobachten liessen, um die Absicherungsziele zu erreichen.

Zeigen lässt sich dies an einem Vergleich der vereinbarten Terminkursen mit den später eintretenden Kassakursen (Spotkursen). Diesen Vergleich nahmen wir für die letzten 20 Jahre auf monatlicher Basis jeweils für die gängigen Absicherungszeiträume (1 Monat, 3 Monate, 6 Monate und 12 Monate) für die Währungspaare EUR/CHF und USD/CHF vor. Die sich aus diesen Differenzen ermittelten Abweichungen wurden in Prozenten ausgedrückt. Eine positive prozentuale Abweichung bedeutet, dass sich das Termingeschäft für den Verkäufer der Währung über den Terminkontrakt «gelohnt» hat. Bei negativer Abweichung wäre es im Nachhinein günstiger gewesen, die Fremdwährung am Spotmarkt zu verkaufen. Für ein exportierendes Unternehmen «lohnte» sich die Absicherung somit bei positiver Differenz, für importierende Unternehmen bei negativer Differenz.

Im Folgenden werden die Resultate aus Sicht eines Verkäufers der Fremdwährung (exportierendes Schweizer Unternehmen) betrachtet, für Käufer der Fremdwährungen (importierende Unternehmen) gilt jeweils der Umkehrschluss. In den Grafiken sind die Resultate für eine Absicherungslaufzeit von 12 Monaten dargestellt. Dabei stehen zwei Erkenntnisse im Vordergrund: (1) Es zeigt sich, dass die Verkäufer von EUR und USD mit Absicherungsgeschäften im Durchschnitt über die letzten 20 Jahre tatsächlich bessere Kurse bekommen hätten (EUR 1.04%, USD 1.62%) als ohne Absicherung. Beim Euro traf diese Aussage sogar für alle Untersuchungszeiträume zu (die gesamten 20 Jahre oder nur eine Teilperiode, d.h. das letzte Jahr, die letzten zwei Jahre, die letzten fünf Jahre oder die letzten zehn Jahre). Beim USD ist das Bild uneinheitlich; so ist das Resultat bei Untersuchungszeiträumen von zwei, fünf oder zehn Jahren beispielsweise negativ. (2) Es scheint zudem jeweils längere, zusammenhängende Phasen zu geben, in welchen sich Absicherung entweder lohnt oder nicht lohnt. Diese Phasen wechseln sich aber abrupt und in der Regel unvorhersehbar ab. 

       

Werden kürzere Absicherungszeiträume betrachtet, bestätigt sich das Bild eines positiven Absicherungsergebnisses über die letzten 20 Jahre sowohl für den EUR/CHF (1 Monat: 0.08%, 3 Monate: 0.25%, 6 Monate: 0.53%) als auch für den USD/CHF (1 Monat: 0.18%, 3 Monate: 0.47%, 6 Monate: 0.85%). In den Kurs-Charts wird zudem ersichtlich, dass bei kürzeren Absicherungszeiträumen keine zusammenhängenden Phasen von positiven oder negativen Absicherungsergebnissen mehr erkennbar sind, d.h. die Wechselkurse verhalten sich deutlich erratischer.

   

   

Interessant ist auch die Tatsache, dass beim Währungspaar EUR/CHF die Wahl des Untersuchungszeitraums kaum eine Rolle spielt (negative Ergebnisse nur in 4 von 28 Fällen). Beim USD/CHF ist das Absicherungsergebnis in der langen Frist (20 Jahre rückblickend) zwar für alle Absicherungszeiträume positiv, bei den kürzeren Betrachtungen ergibt sich jedoch ein gemischtes Bild: Das Absicherungsergebnis ist in ziemlich genau der Hälfte der Fälle positiv und in der anderen Hälfte der Fälle negativ.

Implikationen

Zwar haben wir hier gezeigt, dass sich für ein typisches exportierendes Unternehmen die Währungsabsicherung in der Vergangenheit tatsächlich auch durch bessere Kurse ausbezahlt hat. Indessen ergibt sich für importierende Unternehmen genau der gegenteilige Befund. Und beide Resultate sind weder systematisch bedingt noch sind sie über die Zeit konstant. Der eigentliche Erfolg von Währungsabsicherung sollte und darf denn auch nicht an der nachträglichen Beurteilung der Wechselkurssituation beurteilt werden (ex-post Betrachtung), sondern an der Erreichung der besprochenen ökonomisch valablen Absicherungsmotive (ex-ante Betrachtung). 

Sehr gerne stehen wir Ihnen für ein Gespräch zu diesem Thema zur Verfügung und freuen uns, mit Ihnen im Dialog zu bleiben.

Autoren: Beat Affolter, Micha Steiner